Mit der Veröffentlichung der aktuellen Datensätze geben die Hamburger Klimaforscher den Startschuss für die Interpretation ihrer Berechnungen durch die weltweite Gemeinschaft der Klimaforscher. Zudem werden die Ergebnisse die Grundlage für gesellschaftspolitische Diskussionen über mögliche Klimafolgen und den daraus resultierenden Handlungsbedarf bilden. Die aktuellen Modellrechnungen sind Teil des Weltklima-Forschungsprogramms (WCRP – World Climate Research Programme). Im Rahmen dieses Programms werden die koordinierten Berechnungen der zahlreichen globalen gekoppelten Klimamodelle weltweit miteinander verglichen. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit mehr als 3 Mio. Euro gefördert.

Falls die CO2-Emissionen ungebremst weiter ansteigen, so wie im ungünstigsten Szenario angenommen, erwarten die Wissenschaftler eine Erwärmung um bis zu vier Grad im globalen Mittel bis zum Jahr 2100. Die Folgen wären sehr vielfältig.

„Wir würden weltweit mehr länger anhaltende und auch drastischere Hitzewellen haben“, so Jochem Marotzke, Direktor am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie und stellvertretender Vorsitzender des Weltklima-Forschungsprogramms. „Unsere jetzt gerade fertig gestellten Rechnungen haben gezeigt, dass wir tatsächlich die Erwärmung im Laufe dieses Jahrhunderts auf unter zwei Grad begrenzen können. Allerdings erfordert das eine drastische Minderung in den Kohlendioxidemissionen.“

Laut den aktuellen Berechnungen schmilzt das Sommereis der Arktis schneller als bisher vorhergesagt. Durch das Schmelzen der Eisflächen strahlt weniger Sonnenenergie in das Weltall zurück und erwärmt stattdessen zusätzlich den Ozean (Albedo-Effekt). Die Geschwindigkeit des Abschmelzens des Meereises hängt direkt mit der globalen Erwärmung zusammen. „Unsere Berechnungen stimmen jetzt deutlich besser als bisher mit den Beobachtungen des arktischen Meereises aus den letzten Jahrzehnten überein“, erklärt Dr. Johann Jungclaus, Ozean-Experte am Max-Planck-Institut für Meteorologie.

Den Klimawissenschaftlern am MPI-M ist es erstmals gelungen, die nordatlantische Meeresströmung genau vorauszuberechnen. Mit Hilfe von aktuellen Beobachtungsdaten ist es gelungen, einen konsistenten aktuellen Startzustand der Ozeanzirkulation zu bestimmen und in das Ozeanmodell einzubauen. Damit ist es nun möglich, Klimaanomalien für die nächsten fünf bis zehn Jahre vorherzusagen.

„Die aktuellen Berechnungen zeigen, dass der Ozean durch die CO2-Belastung bereits um etwa 30% saurer gegenüber der Situation vor der Industrialisierung geworden ist. Wissenschaftler bezweifeln, dass viele Organismen sich an diese Änderung schnell genug anpassen können. Das betrifft besonders Kalk bildende Organismen wie Muscheln und Korallen“, so Jungclaus.

In den sogenannten Millenniums-Simulationen (Berechnungen über die letzten 800-1000 Jahre) haben die Hamburger Forscher festgestellt, dass der Mensch die CO2-Konzentration in der Atmosphäre bereits seit 1750 durch die Umwandlung von Wäldern in Ackerland beeinflusst hat. Die ersten Spuren des menschlichen Fußabdrucks im Kohlenstoffkreislauf wurden damit lange vor der industriellen Revolution und vor der Nutzung von fossilen Energieträgern wie Öl und Kohle sichtbar.

Alle Klimasimulationen wurden am Deutschen Klimarechenzentrum berechnet, einem der weltweit größten Rechenzentren, die speziell auf Klimasimulationen ausgelegt sind. „Mit einer Rechenleistung von 158 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde haben unsere Wissenschaftler bei über 350 Klimaexperimenten insgesamt 13.000 Jahre Klimageschehen simuliert“, so Prof. Dr. Thomas Ludwig, Geschäftsführer des Deutschen Klimarechenzentrums in Hamburg. „Diese Rechenleistung entspricht etwa 30 Millionen Prozessorstunden herkömmlicher Computer.“

Die Hamburger Klimaforscher waren Pioniere bei der Entwicklung eines der ersten dreidimensional auflösenden gekoppelten Atmosphären-Ozean-Modelle. Das Max-Planck-Institut für Meteorologie gehört weltweit zu den führenden Klimaforschungsinstituten und hat seit seiner Gründung 1975 viele wesentliche Beiträge zur Klimaforschung geleistet. Prof. Dr. Klaus Hasselmann, Gründungsdirektor des MPI-M, hat 1996 mit seinem Team erstmals den wissenschaftlichen Nachweis erbracht, dass die Erderwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 95% auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist.

Um zu verstehen, wie der Mensch das Klima beeinflusst, wurde vor 30 Jahren das Weltklima-Forschungsprogramm durch die WMO (World Meteorological Organization), die Internationale Kommission für Ozeanographie und die Internationale Gemeinschaft von Wissenschaftlichen Vereinigungen gegründet. Ein ganz wesentlicher Teil des Weltklima-Forschungsprogramms beschäftigt sich mit der Klimamodellierung und damit einhergehenden Klimavorhersagen.

Die Ergebnisse der Hamburger Klimamodellrechnungen fließen 2013 in den Fünften Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) ein.

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