21.11.2025
Ein Team unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Meteorologie und des Deutschen Klimarechenzentrums hat für seine bahnbrechende Arbeit an der Schnittstelle von Klimawissenschaft und Hochleistungsrechnen den renommierten Gordon-Bell-Preis für Klimamodellierung erhalten.Einem Forschungsteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) und des Deutschen Klimarechenzentrums (DKRZ) ist es gelungen, mit dem ICON-Modell das Erdsystem – einschließlich Atmosphäre, Ozean, Land und dem vollständigen Kohlenstoffkreislauf – mit einer horizontalen Auflösung von 1,25 km und einem Durchsatz von einem Jahrzehnt pro Monat zu simulieren. Das ICON-Team erhielt dafür den renommierten Gordon-Bell-Preis für Klimamodellierung, der auf der SC25 – der weltweit führenden Konferenz für Hochleistungsrechnen, Netzwerke, Speicher und Analyse – in St. Louis, Missouri, USA, verliehen wurde. Der Preis wird von der Association for Computing Machinery (ACM) vergeben und ist mit 10.000 US-Dollar dotiert.
Mitglieder des Forschungsteams – darunter auch Wissenschaftler*innen des Jülich Supercomputing Centre, der ETH Zürich, des Swiss National Supercomputing Centre, der Universität Hamburg und von NVIDIA – nahmen die Auszeichnung auf der Konferenz entgegen.
„Diese Auszeichnung zeugt von der wirkungsvollen Synergie zwischen Wissenschaft und Technologie sowie von herausragender Teamarbeit. Ich freue mich sehr und bin sehr dankbar für diese wunderbare Anerkennung durch die ACM und von all unseren Kolleg*innen“, sagte MPI-M-Forscher Daniel Klocke, der das Projekt leitete.
Eine wegweisende Simulation
Um eine Auflösung von 1,25 Kilometern zu erreichen, müssen die mathematischen Gleichungen, die die Entwicklung des Erdsystems beschreiben, bei jedem Zeitschritt für Milliarden von Gitterzellen ausgewertet werden – eine enorme Herausforderung mit Blick auf die Rechenleistung. ICON, das seit über 20 Jahren von der ICON-Partnerschaft entwickelt wird, wurde daher so angepasst, dass es die Hardware der modernsten Supercomputer mit außergewöhnlicher Effizienz nutzt. Konkret machte das Team in diesem Projekt von der vollen Leistung der GH200-Superchips von NVIDIA auf zwei der größten Supercomputer Europas Gebrauch: Alps in der Schweiz und JUPITER in Deutschland. Dabei erreichten die Forschenden bei der Nutzung von 85 % der Rechenressourcen von JUPITER eine beispiellose Zeitkomprimierung von 145,7 simulierten Tagen pro Tag.
ICON setzte neuartige Methoden zur datenzentrierten Optimierung ein und nutzte sowohl die CPUs als auch die GPUs jedes Knotens, um die Komponenten des Erdsystems in einer heterogenen Architektur auszubalancieren. Dieser Ansatz ermöglichte es auch, die Simulation besonders energieeffizient zu berechnen:
„Der Energieverbrauch von Hochleistungsrechnern gewinnt zunehmend an Bedeutung, und auch hier überzeugt unser Ansatz. Wir zeigen, dass wir im Vergleich zu einer klassischen, rein CPU-basierten Konfiguration mehr als den Faktor 4 an Energie einsparen können“, betont Jan Frederik Engels, Wissenschaftler am DKRZ.
Die Simulation ermöglicht es Forschenden, Zusammenhänge zwischen Kohlenstoff-, Energie- und Wasserkreislauf zu erforschen und zu untersuchen, wie deren Wechselwirkungen das Erdsystem prägen. Sie ist sowohl ein wissenschaftlicher als auch ein technologischer Meilenstein und zeigt, dass ICON aktuelle HPC-Systeme so effizient nutzt, dass die Durchführung solcher Simulationen für verschiedene zukünftige Szenarien vorstellbar ist. Bereits im Vorfeld der Preisverleihung hatte das Team den HPCwire Readers’ Choice Award für die beste durch Hochleistungsrechnen ermöglichte wissenschaftliche Errungenschaft erhalten.
Destination Earth unter den Finalisten
Neben der ICON-Erdsystemsimulation war auch ein weiteres Projekt, an dem MPI-M und DKRZ maßgeblich beteiligt sind, unter den Finalisten für den Gordon-Bell-Preis für Klimamodellierung: der digitale Zwilling für Klimaanpassung von Destination Earth, geleitet vom CSC – IT Center for Science. Das europäische Projekt Destination Earth nutzt neben ICON auch das Atmosphärenmodell IFS, gekoppelt mit zwei Ozeanmodellen – NEMO und FESOM. Geleitet wird die Initiative vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF), der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der europäischen Agentur für meteorologische Satelliten EUMETSAT. Zusätzlich umfasst sie Partner wie CSC, das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung und das Barcelona Supercomputing Center.
Die Anerkennung dieser beiden klimawissenschaftlich motivierten Projekte unterstreicht die starke Synergie zwischen Klimaforschung und Hochleistungsrechnen – eine Partnerschaft, die in beiden Bereichen kontinuierlich neue Horizonte erschließt.
Über die Auszeichnungen
Die American Association for Computing Machinery (ACM) vergibt jährlich den Gordon-Bell-Preis für herausragende Leistungen im Bereich des Hochleistungsrechnens. Seit 2023 würdigt die zusätzliche Preiskategorie „Klimamodellierung“ Innovationen, die das Verständnis des Klimasystems und des Klimawandels fördern.
HPCwire wiederum ist eine Nachrichtenseite und ein wöchentlicher Newsletter, der sich mit den schnellsten Computern der Welt und den Menschen, die sie betreiben, befasst. Die begehrten HPCwire Readers' Choice Awards werden jedes Jahr zum Auftakt der jährlichen Supercomputing-Konferenz bekannt gegeben.
Originalpublikationen:
ICON ESM: https://dl.acm.org/doi/10.1145/3712285.3771789
DestinE: https://dl.acm.org/doi/10.1145/3712285.3771790
Weitere Informationen
Bekanntgabe der Gewinner des Gordon Bell Prize für Klimamodellierung: https://awards.acm.org/bell-climate
Liste der Gewinner des HPCwire Readers’ and Editors’ Choice Award: https://www.hpcwire.com/2025-hpcwire-awards-readers-editors-choice
Kontakt:
Dr. Jan Frederik Engels
Deutsches Klimarechenzentrum (DKRZ)
Dr. Claudia Frauen
Deutsches Klimarechenzentrum (DKRZ)
Dr. Cathy Hohenegger
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Dr. Daniel Klocke
Max-Planck-Institut für Meteorologie

